Titel

Untertitel

Wir saßen bei untergehender Sonne an der Feuerbucht in Tasmanien, die See war rau, die Wellen brachen unter unseren Füßen an den Granitblöcken, die mit orangefarbenen Flechten bewachsen wurden, die untergehende Sonne verstärkte die Farben. Ein Naturspektakel aus Landschaft, Licht, Duft und Geräusch, ich umarmte meine Elzbieta und sagte: Was für eine gewaltige Kraft…, nach einer Weile antwortete meine Elzbieta: Ja so ist es, aber wir sind noch stärker, wir sind in der Lage das zu zerstören.

Diese Episode kam mir wieder in den Sinn, als ich mir vorstellte, wie ich über diese Reise meinen Studenten berichten würde. Mit welcher Begründung sollte ich den Aufwand einer dreimonatigen Reise nach Neuseeland, Tasmanien und West-Australien rechtfertigen? Was ist uns in der heutigen Welt in Bezug auf unseres CO2-Fußabdruck erlaubt?

Dieser Moment markierte die Geburtsstunde unseres Reiseportals Espenblatt (siehe „Über uns“), aber auch den Beginn meiner langen Auseinandersetzung mit diesem Thema.

Als wir zum ersten Mal in der Toskana waren, wurde uns gesagt: „Schaut euch die Landschaft an, hier wurde jedes Stück Erde bereits mehrmals von Menschenhand umgegraben und gestaltet.“ Als wir in die Geschichte Neuseelands eintauchten, erfuhren wir, dass Neuseeland bereits zweimal besiedelt wurde: vor etwa 800 Jahren von den Maori und das zweite Mal im 19. Jahrhundert von den Europäern.

Die Maori brachten ihre Agrar- und Jagdkultur, Werkzeuge und Rituale auf die „Vogelinsel“. In weniger als 150 Jahren wurde der Moa, der größte Vogel der Insel, ausgerottet. Die Wälder wurden durch kontrollierte Brandrodungen gepflegt, Dörfer und Felder angelegt, und das Landschaftsbild sowie die Flora und Fauna veränderten sich. Die Kultur und Geschichte der Maori sind in den Museen in Auckland, Wellington und Christchurch gut dokumentiert.

Die Ankunft der Kolonialmächte betrachten wir in diesem Artikel als die zweite Welle der Kolonisation der Insel, diesmal jedoch mit dem Unterschied, dass der „weiße Mann“ auf ein starkes und gut organisiertes Volk stieß. Im Canterbury Museum in Christchurch wurden die Werkzeuge und Errungenschaften der westlichen Invasoren ausgestellt. Ein wesentlicher Unterschied zu den Werkzeugen der Maori waren die in Serie hergestellten Produkte, das Rad, die ersten elektrisch angetriebenen Maschinen und die Waffen. Die Methoden der Agrarwirtschaft, der Gebäudebau (hier wäre es möglich, das Maori Gemeindehaus mit dem Speisesaal des Christ’s College in Christchurch zu vergleichen) oder das kognitive handwerkliche Können wichen nicht weit voneinander ab – selbstverständlich mit dem großen Unterschied in Effizienz und Zeitaufwand. (hier wären Beispiele aus den Museen von Kleidungsstücken, Booten, Taschen und anderen Gegenständen des täglichen Lebens, die von den Maori kunstvoll hergestellt wurden).

Auch die zweite Welle der Kolonisation hat die Landschaft verändert. In weniger als 100 Jahren wurde der Bestand an Kauri-Bäumen, dem Wahrzeichen der Insel und der Pflanze, an der der Glaube der Maori wurzelte, dezimiert. Tane Mahuta ist der älteste Baum der Insel, über 2000 Jahre alt und der „Vater des Volkes“. Die Schöpfungsgeschichte der Maori besagt, dass die Himmelsmacht Ranginui und die Erdmutter Papatuanku sich umarmten. Die daraus entstandenen Kinder jedoch in dieser Umarmung in Dunkelheit lebten – bis sich das Kind des Waldes Tane Mahuta aus der Liebe der immer noch eng umschlungenen Eltern befreite, sich auf die Schultern der Erdmutter stemmte und sich somit zum Licht drückte. Der entstandene Spalt zwischen den Eltern brachte Licht auf die Erde, das alles Leben ermöglichte.

Diese Wälder sind verschwunden, besonders auf der Südinsel ist sichtbar, wie kahl die Landschaft geworden ist. Weinplantagen und Schafweiden prägen die Landschaft – sie ist immer noch schön und atemberaubend, aber nicht mehr ursprünglich, stark von unserer Kultur oder besser gesagt, von der Skrupellosigkeit der westlichen Kultur geprägt.

Meine Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Reisens wurzeln eben in der Tatsache, dass eine dritte, noch schlimmere Welle der Kolonisation die Insel heimsucht – die Globalisierung – und die damit verbundenen Megatrends: Klimaveränderung, Umweltzerstörung, Verdrängung der Biodiversität. Die Geschichte der Kauri-Bäume steht sinnbildlich dafür, weil im Glauben der Maori sowohl wir Menschen als auch die Bäume das Leben Tane zu verdanken haben. Traurig ist jedoch, dass auch die letzten Kauri-Bäume, die nur in Neuseeland vorkommen, von einer Pilzkrankheit bedroht werden. Eine Zivilisationskrankheit? Ja, denn ihre Entstehung wurde durch die Klimaveränderungen begünstigt.

Bin ich egoistisch, wenn ich versuche, meine Kraft, meine Neugierde, mein Wissen und meine Lebenslust aus dem Kontakt mit der Natur zu schöpfen? Geht das auch in der Nachbarschaft? Wahrscheinlich ja. Wird die Welt besser, wenn wir ihr entsagen? Wie viele von uns leide ich unter einer neuen Art von Stress – dem Klimastress – und mache mir Sorgen über das, was bereits passiert und das, was uns möglicherweise in 10 Jahren erwartet. Bereits im Sprichwort der Maori am Anfang des Textes sind für mich die drei Schlüsselwörter aufgetaucht: Ruhe, Licht und Reisen…

Text über das, was die Natur mit uns macht…

Die Sydney Opera – ich habe alles über das Gebäude gelesen, tausende Poster gesehen, aber nichts in der Welt kann die direkte Erfahrung mit dem Bauwerk ersetzen. Die Veränderungen des Lichts, das Spiel mit dem Baukörper und der eigenen Position – kein Bild, kein Text lässt die gleiche Bewunderung und Rührung des Geistes hervorrufen wie in der Natur. Ähnliches haben wir in Brisbane erlebt…

Was werde ich jetzt meinen Studenten sagen?

Mein erster Gedanke: Die Natur ist zu bewundern und muss als Inspiration und Energiequelle unseres Geistes erhalten und gepflegt werden. Das gleiche gilt jedoch für das Bebaute. Unser menschlicher Geist ist ein Produkt der Natur, ein schöpferischer Teil davon und ebenfalls zu bewundern. Unser Ziel muss es sein, beides zu pflegen und zu entwickeln – den Erhalt und Schutz der Natur sowie die Entwicklung unserer Geisteswerke, die das erste oberste